Auf erneuter Suche nach Adam Elsheimers Grab
von Hans Klopp
In der Literatur über Adam Elsheimer steht über seinen Tod nur, dass er „unter großer Anteilnahme der römischen Malergilde in der Basilika San Lorenzo in
Lucina in Rom am 11.12.1610 bestattet wurde". Schon 1973 war der Verfasser in dieser Kirche, um - leider erfolglos - nach dem Grab des großen Barockmalers Adam Elsheimer zu suchen. Niemand wusste damals etwas über diesen Maler oder von einem Grab des Künstlers. Doch die Aussagen der Zeitzeugen Elsheimers waren eindeutig.
2010 ergab sich für den Autor die Möglichkeit unter besonderen Umständen in die beeindruckenden unterirdischen Klinkergewölbe zu gelangen, die zu dieser
Zeit noch von schwedischen Archäologen untersucht und saniert wurden. Doch fehlende Beleuchtungen stellten damals ein zu großes Hindernis dar. Im
November 2015 konnte er mit Dr. Bona (Wiesbaden) ausführlicher in die fast 2000 jährige Geschichte dieser Basilika und die ihrer Vorläufer eintauchen.
Diese flühchristliche Kirche datiert aus der Zeit urn 366 n. Chr. An dieser Stelle hatte die Römerin Lucina im 2. Jahrhundeff ein Haus, das sie den Christen für Gottesdienste zur Verfügung stellte. Heute noch wird dieses Vieltel nach ihr benannt. Aus dem 2. Jahrhundert wurden unter der heutigen Basilika ein 2-4schiffiges Bauwerk festgestellt mit einem Mosaikboden, 4 m unter dem Strassenlevel, sowie Fresken unter der Apsis aus dieser Zeit freigelegt.
Die Reste von einem nach 1990 gefundenen großen Taufbecken von 4,60 m Durchmesser auf einer der tiefsten Ebene (siehe Foto in der 5. Bildreihe) machen deutlich, welche Bedeutung diese kirche in frühchristlicher Zeit hatte.
366 fanden hier Versammlungen im Zusammenhang mit einer Papstwahl statt und 432-440 wurde eine Basilika zu Ehren des Hl. Laurentzius aufden alten Gemäuern neu gebaut. Am 25. April 799 soll hier Papst Leo III während der Collecta überfällen und mit der Blendung bedroht worden sein. Nach Kriegswirren und Plünderungen 1098 errichtete man die Kirche neu. Die Einweihung nahm der Gegenpapst Anaklet II vor, was das von 1139 annullierte. Sie musste neu erfolgen.
Die Kirche lag auf einer kleinen inselähnlichen Erhöhung, die von einem Damm und einem Wassergraben umgeben war. Wegen der oft zugeschwemmten unteren Gewölbe und des Kirchenbodens hat man den Fußboden der Kirche in; Lauf der Jahrhunderte fünfmal erhöht, zuletzt zwischen 1597 und 1600 um 1.60m, um über die Strassenhöhe zu kommen. Haben diese Baumaßnahrnen unå Sanierungen das Gewölbe und die Nutzung verändert? Hat man diese sowohl vorher als auch danach für Grablegungen benutzt? Familien-Grabplatten am EinÅang zu den Gewölben weisen jedenfalls daraufhin.
Den hohen geschichtlichen Wert dieser Basilika und dieses Ortes erkannte man bereits im 15 Jahrhundert, als man bei Sanierungsmassnahmen Reste des berühmten Friedensaltars des Kaisers Augustus entdeckte, der dann um 1980 an åen Tiber in die Nähe des Augustus-Grabmals verlegt wurde und ein herausragendes Zeitzeugnis ist. (siehe unter Rom im Kasten: Jahrbuch Mainz- ingen S. 300+301)
Teil der Meridianen der Sonnenuhr des Augustus >
Die Grundmauern der Urkirche
Der Deutsche Richard Krautheimer datierte 1930 die Basilika als frühchristliche Kirche und befasste sich nach dem 2. Weltkrieg nach seiner Rückkehr aus den USA nochmals intensiv mit den Gewölben. In den 80er Jahren forschte der deutsche Archäologe Edmund Buchner (München) nach den Meridianen der Sonnenuhr des Augustus unter der Sakristei (siehe Bericht unter Rom im Kasten: Jahrbuch Mainz-Bingen, S. 300-302).
Um 1990 wurden unter der Kirche und der näheren Umgebung Reste des Liniennetzes in Kupfer des „Solarium Augusti“ mit Tages-, Monats- und Jahresmarkierungen und die Namen der Tierkreiszeichen aufgefunden. Der Atem von 2000 Jahren wird hier wie überall in Rom spürbar und spannende Zeitgeschichte greifbar. Ab 1998 bis 2013 war es vor allem der schwedische Archäologe Olof Brandt, der die frühchristlichen Ursprünge der Kirche weiter erforschte. Der Gewölbebereich unter den Seitenkapellen im linken Teil der Basilika ist noch nicht erforscht. Was mag sich hinter dieser Mauer verbergen?
Reste des Taufbeckens D 4,60m
Ein hinter dem Altar und hinter der Wandvertäfelung der Apsis verborgener drehbarer Bischofsstuhl, 10 reich geschmückte Seitenkapellen und eine sehr schön gestaltete Kassettendecke weisen auf die Bedeutung der von außen eher schlichten dreischiffigen Basilika hin. Kunsthistorisch wertvoll ist sie außerdem u. a. durch Werke von Gian Lorenzo Bernini, die Grabmäler von Nicolas Poussin und anderen, sowie Epithaphien vieler Geistesgrößen.
Das Bauwerk lag inmitten des Künstlerviertels und war „die Kirche der Künstler Roms“ schlechthin. Sie war auch die Pfarrkirche Elsheimers, wie das Sterberegister vom Dezember 1610 (siehe bei Rom) belegt. Alte Katasterblätter aus dem 16. Jahrhundert zeigten schon damals rund um die Kirche eine dichte Bebauung, so dass davon auszugehen ist, dass es aus Platzgründen um diese Zeit keinen Friedhof wie üblich um die Basilika gab. Es blieb also nur die Möglichkeit, Bestattungen für Kardinäle und besonders prominente Personen in und für andere unter der Kirche vorzunehmen. Denkmäler, Grabplatten und Berichte bezeugten dies.
Es sind noch viele Informationen gerade über die Zeit des großen Umbaus um 1600 einzuholen, Archivare zu besuchen und Gespräche über die damaligen Bestattungsformen und Verwendung der Unterkirche zu führen. Adam Elsheimer verstarb nur 10 Jahre nach dem Umbau im Dezember 1610. Die Suche nach dem Grab bleibt spannend, die Kreise werden enger und die Informationen verdichten sich. Adam Elsheimer hat an einem unglaublich geschichtsträchtigen und besonders bemerkenswerten Ort seine letzte Ruhe gefunden. Das Epithaph von Adam Elsheimer befindet sich am vorderen linken Pfeiler zwischen zwei Kapellen (im Bild oben rechts)
Quellennachweis:
Olof Brandt: The early Christian Basilica of San Lorenzo in Lucina
Maria Elena Bertoldi: San Lorenzo in Lucina
Edmund Buchner: Die Sonnenuhr des Augustus
Wikipedia: San Lorenzo in Lucina
Fotos: Dr. Christian Bona, Edmund Bucher, Maria Elena Bertoldi